Es bringt einem selten Applaus
ein, gegen den Zeitgeist zu kämpfen, erst recht nicht, wenn man dabei Leuten
auf die Zehen tritt, die dieses nicht gewohnt sind. Als ich jung war, war
jeder, der es wagte, die Herrschenden zu kritisieren, ein „Kommunist“ oder
„kommunistisch gesteuert“, wie eine schöne Wortschöpfung der Siebziger lautete.
Heute, da die Kritiker von damals selbst an den Schalthebeln der Macht sitzen,
ist jeder, der es wagt, die Herrschenden und insbesondere die feministische
Ideologie zu kritisieren, „rechts“ oder „homophob“. Sicher, ich verstehe schon,
dass jemandem, der keine Argumente hat und seine Pfründe verteidigen will,
nichts anderes übrig bleibt, als Kritiker zu dämonisieren, aber es ist nun mal
nicht besonders originell.
Seit einiger Zeit treffe ich mich
hin und wieder mit Menschen, die das gleiche Unbehagen wie ich angesichts einer
quasi-gleichgeschalteten Medienlandschaft und einer immer stärker ausgehöhlten
Demokratie verspüren, um mit ihnen darüber zu diskutieren. Ein Volontär des
Berliner Tagesspiegel wurde auf uns
aufmerksam und bat um ein Interview. Nun ist es für jeden, der nicht blind
durch die Welt läuft, nichts Neues, dass Menschen, die dem verordneten
Staatsfeminismus und dessen Nutznießern kritisch gegenüberstehen, in deutschen
Medien auf jede nur erdenkliche Weise diffamiert werden. Das darf jedoch nicht
dazu führen, dass man sich mundtot machen lässt, deshalb sagten wir zu und
trafen uns – drei aus unserer Gruppe – in einem Café in Kreuzberg.
Der Journalist, Mohamed Amjahid,
schien ein netter junger Mann zu sein, versicherte uns, er betreibe
„Qualitätsjournalismus“, der zu differenzieren in der Lage sei, und so plauderten
wir eine Stunde lang in entspannter Atmosphäre.
Was unsere kleine Gruppe ausmacht
und was wir Herrn Amjahid auch mehrfach zu verstehen gaben, ist, dass wir alle
höchst unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Ansätzen sind, dass wir
übrigens auch keineswegs immer einer Meinung sind, sondern häufig kontrovers
diskutieren, und dass das, was uns eint, das leidenschaftliche Eintreten für
humanistische Ideale, bürgerliche Freiheiten und Demokratie ist, Werte, die wir
durch den real existierenden Feminismus gefährdet sehen.
Wie berichtet Herr Amjahid nun
über uns und unser Anliegen?
Mit launigen Einsprengseln, die
Klischees von Männerbündlern wachrufen oder uns zu weltfremden Spinnern machen
(„Klub“, „Stammtisch“, „Er sitzt da (...) mit seinem computeraffinen Zopf“).
Mit einem herablassend-ironischem
Tonfall und persönlichen Diffamierungen („selbsternannte Nicht-Feministen“ –
vermutlich im Gegensatz zu offiziell von der Bundesregierung ernannten
Nicht-Feministen mit Universitätsdiplom).
Mit Verdrehungen und
Unterstellungen, indem er beispielsweise so tut, als würden wir rund um die Uhr
nach Benachteiligungen von Männern Ausschau halten („Welcher Mann lässt sich
von Frauen so dermaßen piesacken, dass er sein Leben damit verbringt, gegen das
Matriarchat zu philosophieren?“).
Mit Überschriften, die uns Sätze
unterschieben, die nie gefallen sind, um uns als eine Truppe verbitterter alter
Zausel hinzustellen („Nieder mit dem Matriarchat“, „Wut auf die
‚maternalistische‘ Unterdrückung“).
Besonders übel: Um die Leser auf
die offizielle Ideologie einzupeitschen, setzt er munter Frauen und
Feministinnen gleich, als sei es selbstverständlich, dass jede gute Frau auch
Feministin ist und Kritik gegenüber dem Feminismus demzufolge einem
Generalangriff auf Frauen gleichkommt („Also sind sie jetzt im Klub der
Nicht-Feministen per se gegen Frauen? Nein, beteuert Gunnar. Vor 40 Jahren fand
er den Feminismus sogar gut ...“).
Ich habe den Satz tatsächlich
gesagt – allerdings in einem anderen Zusammenhang, nämlich als Beginn einer
Begründung, warum ich den Feminismus in seiner derzeitigen Ausprägung für
gefährlich halte: weil er das Gegenteil von dem tut, was er postuliert, und
systematisch demokratische Grundrechte aushebelt. Begründungen wollte Herr
Amjahid jedoch nicht hören, lieber verquirlte er in seinem Artikel mehrere
Aussagen zu einem kruden Mix, der den Anschein erwecken musste, es sei ohnehin
alles beliebig und wir wären eine Bande von Verschwörungstheoretikern, die in
drei Minuten mal kurz die Welt erklären („Bei Ingwertee und Cola kennt die
Liste, was alles in der Bundesrepublik schief läuft, kein Ende“).
Da es für ihn schwierig wäre, uns
rechtes Gedankengut anzuhängen, weil wir kein Hehl aus unseren politischen
Überzeugungen machten, blieb ihm nur die Möglichkeit, mit Andeutungen zu
operieren, die nichts aussprechen, aber alles suggerieren, für die er sich
folglich auch nicht verantworten muss. Zum Beispiel erfand er eine
„queer-feministisch-orientalische Boygroup“ vor der Tür des Cafés, auf die wir
angeblich negativ Bezug genommen hätten, vermutlich, um uns eine Abneigung gegen
Minderheiten zu unterstellen. (Von irgendwoher kam Musik, soviel ist wahr,
vermutlich aber eher aus der Konserve, denn noch Minuten zuvor hatte es aus
Eimern geschüttet, da wäre wohl jede Boygroup in Deckung gegangen).
Herr Amjahid rechtfertigte sich übrigens
später in einer Mail uns gegenüber mit der Bemerkung, Überschriften seien Sache
der Redaktion. Wenn ich einen Roman veröffentliche, stehe ich mit meinem Namen
dafür gerade. Und zu Recht. Der alte Satz „Wer nicht für seine Rechte kämpft,
verdient sie nicht“ gilt selbstverständlich auch in der Kultur: Wer nicht für
die Integrität seines Werkes einsteht, darf sich nicht darüber beschweren, wenn
er anschließend dafür kritisiert wird. Aus diesem Grund streite ich mich, wenn
es sein muss, auch mit meinem Lektor oder meiner Lektorin, so lange es nötig
ist, nicht nur über den Inhalt und die Wortwahl meiner Texte, sondern auch über
Titel, Klappentext und Cover. Wenn sich Herr Amjahid nun damit herausredet, er
sei ja unschuldig an den reißerischen Schlagzeilen, stellt er seinem
Berufsstand ein Armutszeugnis aus. Eine sinnentstellende Überschrift wäre für
jeden Journalisten mit einem Funken Berufsehre zumindest Anlass, sich dafür
öffentlich zu entschuldigen und intern mit der Redaktion über die Verfälschung
seines Artikels zu streiten. Aber Herr Amjahid und ich haben offenbar
unterschiedliche Vorstellungen von Verantwortung und Sorgfalt bei der Arbeit.
Ich erwarte gar keinen
Qualitätsjournalismus, mir würde ein seriöser Journalismus in diesem Land
vollauf genügen. Ein seriöser Journalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er
die interviewten Menschen selbst zu Wort kommen lässt, statt ihnen Dinge in den
Mund zu legen, die nicht gesagt wurden, ihre Aussagen zu verdrehen, ihnen
denunzierende Adjektive anzuhängen oder sie sonst wie lächerlich zu machen.
Das, lieber Herr Amjahid, nennt man schlicht: Propaganda.
Sehr lesenswerte "Gegendarstellung" - vielen Dank
AntwortenLöschenIch finde eure Initiative in Berlin gut und unterstützenswert. Immerhin, man sollte ja nie den Glauben an das Gute verlieren, wurde darüber auch berichtet. Damit will ich den Artikel nicht schönreden, denn der Duktus der Schreibe stieß mir dort schon beim ersten Lesen auf, denke aber, dass es immer noch besser ist, als tot geschwiegen zu werden.
Ich will dazu nicht das abgelutschte Zitat von Ghandi "Erst irgnorieren sie dich ..." aufwärmen, denke aber, dass ihr mittendrin seit im Prozess des Gewinnens.
Danke für deinen Kommentar! Und, ja, ich sehe das Ganze auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge ...
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