Als ich vor rund dreißig Jahren
mal eine Kontaktanzeige aufgab und zu diesem Zweck darüber nachdachte, auf
welche Weise ich etwas Wesentliches über mich in wenige Worte fassen könnte,
habe ich mich als „pragmatischen Idealisten“ bezeichnet. Das gilt nach wie vor.
Ich lehne faule Kompromisse ab, würde mir aber nie aus fundamentalistischen Überlegungen
heraus das Machbare entgehen lassen.
Aus diesem Grund bin ich trotz
Bauchschmerzen seit sechzehn Jahren Mitglied im VS (Verband deutscher
Schriftsteller), davon zwölf Jahre im Vorstand des Berliner Landesverbands. Ich
gehöre zu denjenigen, die immer eine Anbindung an die Gewerkschaft befürwortet
haben, auch wenn ich manches dort kritikwürdig fand. Autoren sind naturgemäß
Einzelkämpfer, nur mit starker Unterstützung können wir hoffen, der Übermacht
der Verlage etwas entgegenzusetzen. Deshalb habe ich die Bürokratie in ver.di
ertragen und zähneknirschend auch die Männerfeindlichkeit, mit der sich die
Gewerkschaft beim herrschenden Staatsfeminismus anbiedert.
Schwer erträglich fand ich
hingegen, dass der VS zunehmend nicht mehr seinen eigentlichen Aufgaben
nachkommt und lieber den schönen Schein pflegt. Es gäbe viel zu tun: Mit den
Verlagen über Honorarempfehlungen für E-Books und Hörbücher zu verhandeln, zum
Beispiel. Etwas gegen die schlechte Bezahlung von Kinder- und Jugendbuchautoren
zu unternehmen. Zu verhindern, dass die Verlage immer mehr Aufgaben auf die
Schultern der Autoren abladen. Ein tragfähiges Modell zu einer Reformierung des
Urheberrechts zu entwickeln, das einerseits einer veränderten Medienlandschaft
Rechnung trägt, zugleich aber die Rechte der Urheber schützt. Und so weiter.
Stattdessen wurde uns als Erfolg
verkauft, dass Buchautoren künftig nicht weniger als fünf Prozent vom
Nettoladenverkaufspreis bekommen dürfen. Und als der Börsenverein des Deutschen
Buchhandels den vor langer Zeit mit dem VS ausgehandelten Normvertrag klammheimlich
verwarf und seinen Mitgliedern einen anderen empfahl, hat der VS nicht dagegen
protestiert, „um die Gespräche über einen neuen Normvertrag nicht zu gefährden“
(über den inzwischen Einigung erzielt wurde, das sei fairerweise gesagt). Dass
der VS bei so wenig Biss und Kampfbereitschaft vom Börsenverein kaum ernst
genommen wird, dürfte nicht überraschen.
Statt sich also mit der
Verbesserung der sozialen Situation der Autoren zu beschäftigen, was die
ureigenste Aufgabe des VS wäre, werden überflüssige Aktionen wie die „Worte
gegen Rechts“ veranstaltet. Was soll das? Glaubt der Bundesvorstand,
Rechtsradikale würden sich die Sache mit den Brandanschlägen noch mal
überlegen, wenn sie erfahren, dass ein paar Autoren das nicht in Ordnung
finden? Der einzige Zweck einer solchen Aktion besteht in der Selbstbeweihräucherung:
„Wir sind die Guten“. So hatte es ver,di ja mal während einer Demo auf den
Transparenten stehen. Peinlich.
Ebenso peinlich finde ich, dass
ver.di gerade dort versagt, wo eigentlich seine Kernkompetenz liegen sollte,
nämlich in der Arbeitsmarktpolitik. Seit Jahr und Tag verbreitet die Gewerkschaft
die Lüge vom angeblichen „Gender Pay Gap“, wohl wissend, dass diese Lüge seit
mindestens zehn Jahren widerlegt ist*. Ich erinnere mich beispielsweise an
einen Leserbrief in der Gewerkschaftszeitung „ver.di publik“, in der ein Leser
klarstellte, dass die angeblichen 22 bzw. 23 Prozent Gehaltsunterschied bei
gleicher Arbeit reine Propaganda sind. Die Redaktion hat das damals in ihrer
Antwort mehr oder weniger zugegeben. Nur um in der nächsten Ausgabe fröhlich
die alte Lüge zu wiederholen. Bis heute.
Ich hätte mir auch gewünscht,
dass der VS, der gern die Meinungsfreiheit in anderen Ländern anmahnt und sich
solidarisch mit unterdrückten Schriftstellern in aller Welt zeigt, Stellung
bezieht gegen die um sich greifende Tendenz im eigenen Land, Andersdenkende mit
Lügen, Shitstorms und geballter Medienmacht mundtot zu machen. Dass dies nicht
geschieht, ja anscheinend nicht einmal als Problem wahrgenommen wird,
beunruhigt mich mehr als alles andere.
Der neueste Eulenspiegelstreich
des VS bringt für mich das Fass zum Überlaufen. Ich spreche von der Umbenennung
in „Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller“, eine
Umbenennung, die nur oberflächlich mit den Mitgliedern abgestimmt wurde und
deren Zustandekommen auch nach Nachfragen für mich undurchsichtig bleibt. Wenn
Autoren stolz zur Schau tragen, dass sie ihre Muttersprache nicht beherrschen
und Genus und Sexus nicht auseinanderhalten können**, weil ihnen der devote
Bückling vor den Berufsopfern dieses Landes wichtiger ist als selbstständiges
Denken, dann ist das ein nicht zu überbietendes Armutszeugnis, das ich nicht
länger mittragen möchte.
Aus all diesen Gründen trete ich
mit sofortiger Wirkung aus dem VS aus.
Mit freundlichen Grüßen
Gunnar Kunz
* siehe beispielsweise:
** siehe
beispielsweise:
Chapeau, Chapeau!
AntwortenLöschenEin Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Nur durch den Mangel an Rückgrad seitens der Männer kann sich dieser Genderunsinn halten. Und Frauen wissen sowieso nicht, was sie wollen, da das Wollen mit dem Hormonzyklus schwankt.
Das ist fatal. Niemand hindert den Karren daran, in den Sumpf zu fahren. Da ist besser man steigt aus und geht zu Fuß.
Achim de Jong
Lieber Achim,
Löschendanke für deine Reaktion. Tut gerade gut, weil ich erwartungsgemäß von einigen Autoren deswegen angegangen werde. Das wird mich aber nicht daran hindern, auch weiterhin zu sagen, was ich zu sagen habe.
:-)
Viele Grüße
Gunnar